The Masters - 04/2018
Schon mit frühen Jahren hab ich einen Golfschläger von meinem Vater in die Hand gedrückt bekommen. Ich habe das Spiel über all die Jahre immer als Hobby betrachtet. Mein Schwung war von jeher hook orientiert. D.h. wenn ich mal nicht rund geschwungen hab sind die Bälle meistens sofort nach links abgedriftet. Planbar aber nicht konstant. Vor allen dann nicht, wenn die Bahn es vorgegeben hat auch mal einen geraden Ball zu schlagen. Also, der Schwung über die Jahre so eine Sache, ich habs allerdings unter hcp-10 konstant geschafft. Also bei einem Standard 18 Loch Platz (72) habe ich Brutto die meiste Zeit 82 reingespielt. Da Golf nie gleich ist, strategisch mich Schach erinnert, große Demut hervorbringt und nie langweilig ist (jeder Schlag ist anders bzw. der Ball liegt anders ergo ist ein Schlag immer unterschiedlich) hat mich der Sport über all die Jahre immer begleitet.
Man braucht schon eine gewisse mentale Stärke aber auch Strategie, 18 Löcher oder im Schnitt 4.5h durchzuhalten. Also im Kopf durchzuhalten. Ok, 12 km sind es dann auch meistens, die du gehen musst. Meistens bei niedrigen Pulszahlen. Letzte Statistik: so um die 1000 kcal werden dann doch pro Runde verbraucht. Das Weizen danach schmeckt doppelt so gut, wenn du den letzten Putt oder die Runde komplett gut überstanden hast. Und ja, golfen füllt mich aus, es erfüllt mich einem gewissen Engagement. Entweder ganz oder gar nicht, immer
hochkonzentriert.
Der Score oder was die anderen Spielen (oder noch besser: was die Mitspieler im wahren Leben sprich Berufsleben machen) interessierte mich noch nie. Ein ungeschriebenes Gesetz besagt, dass es während einer Runde nicht ums Geschäft geht. Das gilt speziell für Asien. Wichtig ist halt, dass der Mitspieler bzw. Geschäftspartner gewinnt, ohne dass es so aussieht, als ob es mit Absicht passiert. Es gibt viele Golfspieler, denen die Golfregeln heilig sind. Ganze Bücher wurden darüber geschrieben. Es gibt tatsächlich nur 40 Regeln, diese können allerdings auch ausgelegt werden. Auch die Kosten haben mich nie sonderlich interessiert. Ich meine, dass eine Woche Skifahren gehen inkl. Equipment und Übernachtung genauso viel kosten, wie eine Jahresmitgliedschaft. Allerdings denke ich, dass man Skifahren schneller lernt. Aber wen es mal gepackt hat, der möchte Golf nicht missen.
Selbst wenn ich eine gute Runde im Sinne von der Schlagzahl gespielt habe, würde man mich fragen, wie viele 100%ige shots ich gemacht habe, dann fällt meine persönliche Anzahl sehr dünn aus. Es sind sehr wenige Schläge, Putts während einer Runde, die genau, aber genauso wie ich sie mir im Vorfeld durch einen PreShot Routine vorgestellt habe, geworden sind. Meistens kratze ich meinen Score zusammen, weil einfach das Ballgefühl aufgrund mangelnden Trainings nicht so groß ist.
Dennoch, und genau das ist das unglaublich schöne am Golfen, das Gefühl zu haben, über frisch gemähten Rasen zu laufen, den Duft vom frisch geschnittenen Gras, eine leichte Prise, blauer Himmel, die Natur und du und dann der eine Schlag, der, der sich in deiner Gefühlswelt einpflanzt. Dieses Gefühl einen perfekten Schlag ausgeübt zu haben. Das sind Gefühle, die unglaublich schwer zu beschreiben sind. Sie machen für mich das Golfen aus, eingebettet im Kosmos, eins mit dir, mit deinem Schläger, mit deinem Ball, mit der Natur. Du bist dann eine Einheit, Körper, Geist und Seele. Und für dieses Gefühl (welches zugegebenermaßen nicht jeden Tag aufkommt) lohnt es sich, zu Golfen, lohnt es sich, all die emotionalen Entbehrlichkeiten auf sich zu nehmen, all der Frust, all das Unverständnis, all das Warten, in tiefer Demut, wird ausgehebelt, durch das starke Bewusstsein, genau das richtige gemacht zu haben!
Früh war ich in der Jugendmannschaft und später dann auch Herrenmannschaft für den Club stolz unterwegs. Auch wenn ich auf fremden Plätzen nie den besten Score für die Mannschaft reingespielt habe so war es mir immer hochwichtig, alles für eine gute Platzierung getan zu haben. Auch wenn manchmal der Frust groß war, es gab immer eine nächste Saison, eine nächste Trainingseinheit, verlorene Bälle und Abschläge ins aus. Ähnlich, wie das Leben so spielt. Nach meiner Auslandstätigkeit in Singapur wurde mir sogar ein Posten im Vorstand angeboten, dem Sportwart bzw. Spielführer. Vom Sponsoring, Budget, Training, Turniere, Golfregeln und sonstigen Abwicklungen ein Job, der sehr viel Zeit und Nerven in Anspruch nimmt. Teilweise auch undankbar, weil du es niemanden immer recht machen kannst. In Singapur bin ich erst zum Golffernsehschauen gekommen. In Deutschland ist das nicht so ausgeprägt. Bernhard Langer, Martin Kaymer – großen der deutschen Golfgeschichte haben natürlich auch hier in Deutschland einen Boom und eine erhöhte Nachfrage generiert. Allerdings konnte man fast keine Golfturniere im Fernsehen anschauen. Es macht auch nicht ganz so viel Spaß, man muss sich schon mit den Golfspielern identifizieren bzw. sich mit den Golfregeln auskennen. Die Topographie von einem Platz, Loch bzw. Grün sieht man über den Bildschirm nur in Ansätzen bzw. kann erahnen, welche Herausforderung ein Profigolfspieler mit seinen Schlägen hat. Und manchmal geht auch bei den Profis ein kurzer Putt vorbei. Irgendwie tröstlich, nobody is perfect.
Es gibt vier große internationale Golfevents, die sogenannten Majors: die Masters, PGA open, British open, US open. Das einzige Turnier, welches immer auf dem gleichem Platz stattfindet, ist das Masters in Augusta, Georgia, USA.
In Pebble Beach, Kalifornien, seventeen miles drive, durfte ich ein paar Mal vorbeifahren, allerdings habe ich dort nie gespielt. St. Andrews in Schottland, die Wiege des Golfens, hat mich nicht so richtig angemacht. Im Gegenteil, ich erachte unseren kleinen Golfplatz (Hechingen Hohenzollern) mit der Burg und dem Trauf im Hintergrund als den schönsten der Welt. Es gibt keine Startzeiten, fast ein Privatplatz, und eine tolle Aussicht.
Die Masters und der Platz in Augusta sind hier allerdings eine andere Hausnummer. Dieser Platz ist der Heilige Gral eines Golfers. Man bekommt auch nicht einfach so ein Ticket. Entweder über Beziehungen oder dann für zig Tausend Dollars.
Und ich hatte das Glück durch einen neuen Geschäftspartner, Jerry Smith, an Tickets heranzukommen. Für den Freitag und Samstag. Also dem 2. Und 3. Spieltag. Perfekt vorbereitet durch Jerry haben wir uns am Flughafen in Atlanta getroffen und sind gemeinsam die 2h nach Augusta gefahren. Er hatte uns so ein Spezialticket gesucht, bei dem das Auto geparkt wird und man Frühstück oder alle Sorten Getränke umsonst bekommt.
Jerry kannte den Platz – in und auswendig. Er wusste genau, wo man stehen musste, um die Spieler in Aktion zu sehen, so nah wie möglich ranzukommen.
Es war unglaublich, alles war so geordnet und gesittet. So durch organisiert, alle Zuschauer waren ruhig beim Schlag. Eine tolle Atmosphäre. Hier herrschte Etikette.
Jede Bahn hat seinen eigenen Namen, der Platz wurde in den 30ern des vorigen Jahrhunderts gebaut. Die Topographie ist nicht über das Fernsehen einzufangen, wie es hier hoch und runter geht, die Anlage der Grüns (jeder Grashalm wird grün gesprüht), die Bunker, die Abschläge, einfach alles, war seit jetzt über einem Jahrhundert gepflegt und speziell für dieses Jahresereignis hergerichtet.
Drei Löcher – 11/12/13 – markieren den legendären Amen Corner. Hier haben sich schon Dramen abgespielt. Das erste Mal live und in echt vor Ort zu sein, da bekomme ich immer noch Gänsehaut. Das ist der Platz, die Löcher, die du schon so oft im Fernsehen gesehen hast. Du bist dabei. Wie geil ist das denn? In diesen zwei Tagen sind wir wohl an die 30 km gelaufen, von Loch zu Loch, von Spieler zu Spieler, von Bierstand zu Bierstand. Man durfte kein Handy mitnehmen. Es war wie in einer anderen Welt unterwegs zu sein, wie in einer Zeitblase, ohne Erreichbarkeit. Nur der Platz, die Spieler und du. Wo gibt es denn so etwas noch? Das Gefühl zu haben, ja, du bist am richtigen Ort, ohne diese innere Unruhe zu verspüren, eigentlich solltest du doch jetzt – wie immer übrigens – erreichbar sein. Nein, mit oder ohne Bier, der Zustand ist einfach super, ähnlich wie auf Musik Festivals übers Wochenende (bei dem du eh kein Telefonat in solchen Umständen führen solltest).
Es war ein Freiheitsleben sondergleichen. Und ja, natürlich kam auch der privilegierten Gedanke auf. Mensch, klasse, was ich hier erleben darf, das dürfen nur die wenigsten wahrnehmen, oder die, die halt richtig reich sind. Meine Kosten beliefen sich auf ca. 1500 USD für die zwei Tage. Der Flug und die Übernachtungen konnte ich unter dem socialising Aspekt über die Firma abrechnen. Ich habe wirklich großes Glück mit meinem Vorgesetzten gehabt.
Und natürlich gilt mein größter Dank Jerry, der mich mitgenommen hat. Eine fantastische Reise voller besonderer Momente wie zum Beispiel mit Bernhard Langer auf der 9 high Five gemacht zu haben, nachdem er dort ein Birdie gespielt hat. Eine Ikone und Legende! Oder kurz mit Martin Kaymer gesprochen. Super.
Ryder Cup vs. Masters? Es gibt keine Volksfeststimmung, es ist alles dezenter, ursprünglicher, traditioneller auch wenn es eine Riesenschau ist, die besten der USA gegen die besten von Europa zu spielen. Paris 2018 konnte ich zusammen mit meinem Vater einen Tag (Tagesticket 750€/Person) anschauen, was für ein Spektakel.
